20 Jahre Frauenmuseum Hittisau Jubiläumsausstellung
05. Juli 2020 – 31. Oktober 2021
geburtskultur. vom gebären und geboren werden
Geburt geht uns alle an. Wie der Tod betrifft sie ausnahmslos jeden Menschen. Die Bedingungen, die eine Schwangerschaft und Geburt begleiten, prägen unser Leben. Geburtskultur ist die Art und Weise, wie der Start ins Leben von einer Gesellschaft gestaltet wird und welche Rahmenbedingungen sie dafür schafft.
Geburtskultur beleuchtet den Umgang einer Gesellschaft mit dem Start ins Leben sowie jene Rahmenbedingungen, in die eine Geburt eingebettet ist. Dabei spielen medizinische, gesundheitspolitische, anthropologische, philosophische und kulturhistorische Aspekte eine wesentliche Rolle.
Die Ausstellung thematisiert diese und spannt dabei den Bogen von der Geschichte des Gebärens über weltweite Geburtsrituale bis hin zu aktuellen Debatten rund um Technologien der Reproduktion. Zeitzeug*innen schildern ihre persönlichen Erfahrungen als Mütter und Väter. Dieser individuelle Zugang wird durch zeitgenössische Positionen aus der Kunst vertieft und erweitert.
Es ist nicht egal, wie wir geboren werden.
IG Geburtskultur a-z
Auf sieben Ebenen setzen sich die Besucher*innen mit der Geburtskultur aus unterschiedlichen Blickwinkeln auseinander. Während sie der PROLOG spielerisch auf die Inhalte einstimmt, erfahren sie im Bereich GEBURT VERSTEHEN mehr über den physiologischen Vorgang einer Geburt. Fragen zum Elternwerden und zu Frauengesundheit werden ebenso behandelt wie die Menopause. Die Exponate dazu reichen von einer Schautafel zum Uterus (Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm) über die erste Antibabypille bis hin zu Plazentacremes für die – angeblich – ewig junge Haut (beides Sammlung Dr. Henri Kugener, Innsbruck). An einer Riechstation können Besucher*innen mehr über Heilkräuter zur Schwangerschaft und Geburt erfahren und schmackhafte Rezepte für das Wochenbett mitnehmen.
PRAXIS BETRACHTEN rückt Vorarlberg in den Fokus, das bis in die 1970er Jahre hinein siebenundzwanzig Entbindungsheime aufwies und somit eine Sonderstellung innerhalb Österreichs einnahm. Heute gibt es im Land kein einziges Geburtshaus mehr – die Station spürt möglichen Gründen dafür nach. Eine interaktive Karte bildet Vorarlbergs aktuelles Versorgungsnetz ab und lädt Besucher*innen dazu ein, sich auszutauschen und wertvolle Informationen zu teilen.
Darüber hinaus widmet sich dieser Bereich auch den kontroversen Themen Hausgeburt, Kaiserschnitt und Reproduktionstechnik. Auf einem historischen Streifzug werden berühmte Hebammen aus der Geschichte und ihre Werke vorgestellt. Zudem wird die Frage erörtert, wann, wie und warum die Geburtshilfe zu einer technisch-medizinischen männlichen Domäne wurde.
KULTUR LEBEN stellt weltweite Rituale und Bräuche rund um die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett vor. Obwohl diese unterschiedlich sind, lassen sich auch Gemeinsamkeiten erkennen: Der bunte Blumenhut der Iu Mien aus Laos (Girls Museum Laos/Luang Prabang), das anmutige Amulett „Su coccu” aus Sardinien sowie die Sicherheitsnadel mit dem Blauen Auge (Nazar) aus der Türkei erfüllen dieselbe Aufgabe: Sie sollen das Neugeborene schützen und den „Bösen Blick“ abwenden. In allen Kulturen geben Rituale Halt und Sicherheit. Steigbügelgefäße aus Peru und die Barockkopie eines römischen Reliefs aus der Sammlung Lieselotte Kuntner (Küttingen, CH), volkskundliche Objekte aus dem Tiroler Volkskunstmuseum (Innsbruck) oder religiöse Exponate aus dem Jüdischen Museum Hohenems zeigen auf, wie die Geburt in jeder Kultur, jeder Epoche und jeder Religion eine wichtige Rolle spielt.
Wenn ein gesundes Kind geboren wird, dann schreit es und piepst nicht.
Rosa Luxemburg (1871-1919)
IDEOLOGIEN HINTERFRAGEN beleuchtet den Mutterkult im Nationalsozialismus, katholische Aussegnungsbräuche, Geburtsbilder in den Medien sowie die weltweite Leihmutterschaft-Industrie und hinterfragt die Entwicklung zum Designerbaby.
HUMAN RIGHTS IN CHILDBIRTH macht darauf aufmerksam, dass Sexualität, Schwangerschaft, Geburt sowie Elternschaft mit Rechten verknüpft sind. Diese werden in unterschiedlichen Teilen der Welt jedoch immer wieder verletzt. Die Station zeigt internationale Initiativen auf, die sich für die Einhaltung von Menschenrechten starkmachen.
Zeitgenössische KUNSTPOSITIONEN umhüllen den Ausstellungsraum wie einen Mantel. Sie fungieren nicht als Illustration, sondern vertiefen und erweitern das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Sie verarbeiten persönliche Eindrücke, hinterfragen Klischees und bieten neue Sichtweisen.
Die Künstler*innen der Ausstellung sind:
Gesline Anrango (CR) / Renate Bertlmann (A) / Juliana Cerquiera Leite (BR) / Louise Bourgeois (F) / Sevda Chkoutova (BG) / Gloria Dimmel (A) / Jane Dunker (DE) / Silvia Duran Piedra (CR) / Karin Ferrari (I) / Judith P. Fischer (A) / Christiane Forstnig (A) / Lucero González (MX) / Nesa Gschwend (CH) / Glenda Hecksher (MX) / Cornelia Hefel (A) / Ana Griselda Hine (CR) / GynePunk (ES) / Konrad Honold (A) / Barbara Anna Husar (A) / A.M. Jehle (A) / Birgit Jürgenssen (A) / Bernhard Kathan (A) / Mary Kelly (USA) / Ina Loitzl (A) / Paula López Droguett (CL) / Bianca Lugmayr (A) / Lucia Madriz (CR) / Claudia Mang (A) / Tasha Marks / AVM Curiosities (GB) feat. Petra Raid (A) / Maina-Miriam Munsky (DE) / Nina Lyne Gangl (A) / Projecte Úter (ES) / Judith Samen (DE) / Saba Skaberne (SL) / Annegret Soltau (DE) / Anna Stemmer-Dworak (A) / Ronja Svaneborg (DK) / Bianca Tschaikner (A) / Margarita Valero Cuevas (CR) / Nurith Wagner-Strauss (A) / Anna Witt (DE) / Les Reines Prochaines (CH)
geburtskultur. vom gebären und geboren werden ist eine Ausstellung, die alle Altersgruppen anspricht und Besucher*innen ein vielschichtiges Thema mit allen Sinnen entdecken lässt. Sie bildet den Ausgangspunkt des Creative-Europe-Projektes Birth Cultures und wird im Anschluss in adaptierter Form im Center of Gender Culture in Charkiw (Ukraine), im La Bonne. Centre de Cultura de Dones Francesca Bonnemaison in Barcelona (Spanien) sowie im Frauenmuseum Meran (Italien) zu sehen sein. Das internationale Netzwerk der Frauenmuseen stellt zahlreiche Objekte und Geschichten zur Verfügung.
EHRENPRÄSIDENTIN
Frances McConville, WHO Leading Midwife: 2020 feiert die Weltgesundheitsorganisation das Jahr der Pflegekräfte und Hebammen.
KURATORINNEN
Stefania Pitscheider Soraperra, Frauenmuseum Hittisau
Anka Dür, IG Geburtskultur a-z
Brigitta Soraperra, IG Geburtskultur a-z
AUSSTELLUNGSGESTALTUNG
Sabrina Summer
AUSSTELLUNGSGRAFIK
Nina Sturn
FOLDERDESIGN
Kaleido
BEGLEITPROGRAMM UND INTERVIEWS
Brigitta Soraperra
ÜBERSETZUNGEN
Laura Ruth Gaffron
TEXTE UND LEKTORAT
Anka Dür, Roswitha Fessler, Angelika Hausegger, Birgit Kalb, Stefania Pitscheider Soraperra,
Brigitta Soraperra
OEIL EXTÉRIEUR & BIRTH STORIES PLATFORM Dr.in Stefanie Schmid-Altringer
FACHBEIRAT AUSSTELLUNG
Univ. Prof. Dr. Sven Hildebrandt
DGKS Birgit Kalb
Mag.a Katharina Laimer Bsc
Mag.a Dr.in Dorothea Rüb
IG Geburtskultur a-z
FACHBEIRAT FRAUENMUSEUM HITTISAU
ao. Univ.-Prof.in Christa Ehrmann-Hämmerle
Dr.in Eva Grabherr
Dr.in Gabriele Rath
Elisabeth Stöckler MA
KURATORIUM BIRTH CULTURES
CREATIVE EUROPE
Tetiana Chernetska (Gender Museum Charkiw, UKR) Mercedes Giovinazzo (Interarts, ESP)
Stefania Pitscheider Soraperra (Frauenmuseum Hittisau, AUT)
Sissi Prader (Frauenmuseum Meran, ITA)
Astrid Schönweger (IAWM)
FRAUENMUSEUM HITTISAU
DIREKTORIN
Stefania Pitscheider Soraperra
ASSISTENZ
Katharina Rohner und Andrea Schwarzmann
KULTURVERMITTLUNG
Wilma Bilgeri, Hannah Eberle, Danielle Fend-Strahm, Gertrud Faißt, Katharina Felder, Bernadette Fritz, Lydia Hagspiel, Sabine Heinzle, Daniela Lindhuber, Annelies Mätzler, Marion Maier, Alexandra Natter, Marianna Nenning, Petra Raid, Bronwen Rolls, Elena Schertler, Dagmar Steurer
STARTSTIPENDIATIN DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR KUNST, KULTUR, ÖFFENTLICHER DIENST UND SPORT
Angelika Hausegger
LEIHGABEN VON
Atelier Valie Export/Wien, Galerie Alma Zevi/Venedig, Galerie Hubert Winter/Estate Birgit Jürgenssen, Gemeindearchiv Lech, Gemeindearchiv Lustenau, Generali Foundation/Wien, Girls Museum Luang Prabang/Laos, Jüdisches Museum Hohenems, MIMA/Lissabon, Montafoner Museen, Musée de la Femme Henriette Bathily/Dakar, Museo de las Mujeres Costa Rica, MUVS Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch/Wien, Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm, NHM/Wien, Maria Hagleitner/Bregenz, Sammlung Dr. Henri Kugener/Innsbruck, Sammlung Liselotte Kuntner/ Küttigen, Sammlung Jan Schüler/Düsseldorf, Sammlung Verbund/ Wien, Stadtarchiv Dornbirn, Stadtarchiv Hohenems, Tiroler Volkskunstmuseum/Innsbruck, vorarlberg museum/Bregenz sowie zahlreichen Privatsammlungen.