Ein Ort der Begegnung und Vielstimmigkeit

Winter 2024 © Frauenmuseum Hittisau / Angela Lamprecht

Ein Frauenmuseum? Und dann noch in einer ländlichen Region? Das Frauenmuseum Hittisau im Bregenzerwald zeigt, dass beides möglich ist – seit nunmehr einem Vierteljahrhundert. Im Jahr 2000 gegründet, hat das Frauenmuseum Hittisau seither mehr als fünzig Ausstellungen gezeigt. Frauengeschichte und Frauenkultur stehen dabei im Fokus.

Jede Frau verändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat.

Gerda Lerner

Warum ein Frauenmuseum? Museen sind nicht nur Orte der Geschichts- oder Kunstaufbewahrung, sondern vor allem Räume für deren Deutung. Wer entscheidet, was künstlerisch bedeutend ist, was gesammelt werden soll, nach welchen Kriterien Dinge erforscht werden sollen, entscheidet auch, was vergessen werden darf, was irrelevant ist für eine historische Erzählung. Dazu haben lange Zeit Frauengeschichte, Frauenkultur oder die Kunst von Künstlerinnen gehört. Frauen sind in vielen Museen, vor allem in kunsthistorischen, als handelnde Subjekte nicht präsent. Die Museen sind zwar voll mit Frauendarstellungen, doch sind diese weitgehend von männlichen Projektionen auf Frauen bestimmt. Denn es waren hauptsächlich Männer, die das künstlerische Schaffen über viele Jahrhunderte hinweg dominierten.

Zwischen den Welten © FMH / Angela Lamprecht

Frauengeschichte neu gedacht

Das Frauenmuseum Hittisau hat es sich zur Aufgabe gemacht, historische Erzählungen um jene Aspekte, die lange Zeit nicht oder nur marginal erforscht und dokumentiert wurden, zu erweitern. Es versteht sich als Fenster in die Welt und behandelt Themen, die die Geschichte und das Kulturschaffen von Frauen in unterschiedlichen Kulturen betreffen. Der kritische Blick auf Gegenwart und Vergangenheit spielt dabei immer eine zentrale Rolle. Gleichzeitig trägt das Frauenmuseum Hittisau der Region Rechnung, in der es situiert ist. Daher wird ein besonderes Augenmerk auf Bregenzerwälder und Vorarlberger Frauengeschichte gelegt.

Geburtskultur © FMH / Angela Lamprecht

  • Das Frauenmuseum Hittisau zeigt Ausstellungen, die sich frauenspezifischen Themen aus der Kultur-, Sozial-, Kunst- oder Architekturgeschichte widmen. Dabei werden sowohl regionale als auch internationale Aspekte beleuchtet. Begleitend zu den Ausstellungen bietet das Frauenmuseum Hittisau ein dichtes Rahmenprogramm an individuell gestalteten Sonderführungen, Vorträgen, Workshops, Konzerten, Lesungen, Seminaren und Filmvorführungen. Das Vermittlungsprogramm ist differenziert und bietet sowohl erwachsene- als auch kinderspezifische Veranstaltungen an.

  • Das Frauenmuseum Hittisau sammelt und dokumentiert Wissen und Objekte der materiellen und immateriellen Kulturen der Frauen. Durch die sogenannte „dislozierte Sammlung“ werden temporär dem Museum überlassene Objekte dokumentiert und erforscht, um in Folge - angereichert mit Wissen, Erinnerung und Würdigung - wieder in den ursprünglichen Kontext zurückgegeben zu werden. Dies schafft langjährige und nachhaltige Verbindungen zu den involvierten Akteur:innen.

  • Das Frauenmuseum Hittisau legt den Fokus auf Partizipation und Inklusion und will lebenslanges, generationenübergreifendes Lernen ermöglichen. Kultur soll für alle unabhängig von Geschlecht, Alter, Leistung, ethnischer Herkunft oder besonderen Bedürfnissen zugänglich gemacht werden. Die interessierte Öffentlichkeit, die jeweilige Fachwelt sowie gezielt angesprochene Communities nehmen an partizipativen Formaten im Vorfeld zu den Ausstellungsprojekten teil, um möglichst differenzierte und vielstimmige Sichtweisen einer Thematik herausarbeiten zu können. Dabei spielen Kooperation und Netzwerke eine wichtige Rolle.

  • Das Frauenmuseum Hittisau ruht auf der ideellen und reellen Stütze seiner Kulturvermittlerinnen. In der Region lebende Frauen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Bildungshintergründen begleiten das Museum und treten in direkten Kontakt mit dem Publikum. Das Sprechen-Dürfen ist weder an eine akademische Ausbildung noch an die Position im Organigramm gebunden. Die einzige Voraussetzung ist eine intensive, ernsthafte und tiefe Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen der Ausstellungen und Projekte. Die Kulturvermittlerinnen müssen nicht von der Institution ermächtigt werden zu sprechen, sie ermächtigen sich dazu selbst.

Die Trägerschaft des Frauenmuseum Hittisau

Seit 2018 wird das Frauenmuseum Hittisau vom Verein Frauenmuseum Hittisau getragen. Die Gemeinde Hittisau und das Land Vorarlberg entsenden je drei Personen in den Vorstand. Zusätzlich vertritt die Obfrau der Gesellschaft zur Förderung des Frauenmuseum Hittisau im Vorstand die breite gesellschaftliche Trägerschaft des Frauenmuseums.

Vorstandsmitglieder im Trägerverein: Margret Broger (Obfrau), Gotthard Bilgeri, Christiane Eberle, Roswitha Fessler, Susanne Fink, Denise Bär, Julia Schertler-Dür

Weiters steht dem Frauenmuseum ein Fachbeirat zur Seite. Mitglieder des Fachbeirates sind: Christa Hämmerle, Gabriele Rath, Elisabeth Stöckler (Gründungsdirektorin des Frauenmuseum Hittisau) und Eva Grabherr.

Die tollkühnen Frauen / © Frauenmuseum Hittisau

Die tollkühnen Frauen / © FMH